Besessenheit in Japan und in der christlichen Welt:
Ein Mensch, der im Alltagsleben ganz gesund und normal zu sein scheint, beginnt plötzlich zu zittern und verliert das Bewusstsein. Auf einmal steht er auf und spricht oder schreit, als wäre er ein Anderer.
Ein solches Phänomen ist manchmal auch in zivilisierten Gesellschaften zu beobachten. Man nennt bzw. nannte es Besessenheit.
So etwas gibt es nicht nur in der christlichen Welt, sondern auch in Japan. Trotzdem wird dieses Phänomen dort nicht als die Tat des Teufels, sondern als die Tat von "Fuchs", "Hund" oder von bestimmten anderen Tieren interpretiert. Welches Tier der Grund der Besessenheit ist, unterscheidet sich von Region zu Region.
Was ist die Besessenheit vom Fuchs?
Jedoch sind manche Tiere, vor allem der Fuchs, keine normalen Tiere. Vor der japanischen Moderne dachte man, dass das Tier zu einem bestimmten Menschen oder einer bestimmten Familie in der Gemeinde gehören würde.
Warum sollte der Fuchs Mitglied in der Gemeinde sein? Obwohl es sehr verschiedene und vielfältige Interpretationen gibt, nimmt das Tier in vielen Fällen aus Neid von einem bestimmten Gemeindemitglied Besitz. Die Gründe für den Neid sind vielfältig.
Ein winziger Fall: Ein Mitglied bereitet Sushi oder eine ähnliche Luxusspeise und gibt einem Anderen, der sich einen Fuchs hält, nichts davon ab.
Oder etwas gewichtiger: Jemand gewinnt einen nicht normalen, ausgezeichneten Ertrag in seinem Betrieb und kann neue Geräte, Äcker usw. erwerben. Dann denkt man tendenziell, dass diese Leute mit großen Erfolgen aktiv gemeinsame Sache mit dem Fuchs machen. Von den Leuten, die kleine Erfolge zu verzeichnen haben und Angst vor dem Neid der Anderen haben, nimmt man an, dass sie passiv mit dem Fuchs kooperieren. Das heißt: Man glaubt in der Gemeinde, dass die Reichen sich einen Fuchs halten würden und dass, wer ärmer ist, aber doch zufällig etwas bekommt, unter der Besessenheit des Fuchses, welchen die Reichen schickten, leiden würde.
Die Rolle des Fuchses:
Das dies nur eine Illusion unter dem Volk ist, versteht sich von selbst. Doch diese Illusion funktionierte in der Ära vor der Moderne. Aber wie?
Wer durch den Fuchs besessen wird, ist unglücklich. Noch unglücklicher sind die Leute, von denen die anderen Dorfbewohner denken, sie würden einen Fuchs halten. Sie sind unglücklich, obwohl sie oft reicher sind. Denn sie werden häufig aus dem normalen Dorfleben ausgeschlossen (z.B. bei Heiraten, Gemeinschaftsarbeit in der Landwirtschaft) und können nur wenig Unterstützung von den Nachbarn erwarten ("Mura-Hachibu").
Natürlich sind diese Leute in Wirklichkeit deshalb mit dem Fuchs weder aktiv noch passiv verbündet. Also versuchen sie meist, sich weit weg von der Bedrohung des Fuchses zu halten, indem sie sich so verhalten, dass sie keinen Neid von Anderen auf sich ziehen.
Dafür dürfen sie weder ein zu großes Vermögen, noch zu großes Glück haben, welches die Gründe für den Neid werden könnten. Sollten sie dennoch etwas Derartiges bekommen, bemühen sie sich, dass das Vermögen oder das Glück niemandem auffällt. Wenn es trotzdem jemandem auffällt, ist es möglich, dass die Besitzer den Anderen (manchmal der Gemeinde) einen Teil ihres Vermögens spenden.
Aus der heutigen Sicht, wäre das unlogisch und unsinnig. Es funktioniert als ein Mechanismus, mit dem die Leute Akkumulation verhindern und die Gemeinschaft aufrechterhalten können. Der Fuchs hält die Egalität der Dorfmitglieder. Es war die Egalität, welche die Homogenität der Gemeinschaft und, mit der Gemeinarbeit, die Ökonomie des Dorfs sichern konnte.
Der Fuchs in der Gegenwart:
Dieses Phänomen entstand vor der Moderne Japans, aber die Zeit des Auftrittes des Fuchses sind nicht allzu lange her, vielleicht in der Edozeit (AD1600 - 1867), in der die Produktivität der Landwirtschaft sich entwickelte und die Mobilität der Bevölkerung zunahm bzw. unter dem Feudalismus.
Damals begann die Polarisation der Gesellschaft, und das Volk hatte Angst vor dem Zusammenbruch des bisherigen Systems. Die Armen und die Reichen entstanden in der Dorfgemeinde. Die Leute suchten den Grund für die Polarisation der Bevölkerungsschichten. Da trat das Tier auf !
Die mittelalterliche Periode, in der das System die Egalität erhielt, war schon vorüber. Gibt es diese Tiere des Neides heute nicht mehr in der japanischen Gesellschaft ? Doch ! Jeder Japaner hat diese Tiere noch tief in seiner Mentalität. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, warum Japaner oft sehr zurückhaltend sind ? Warum kleiden sich die japanischen Angestellten so monoton (meist graue oder schwarzblaue Anzüge)? Es sieht danach aus, als ob sie bestrebt sind, sich nicht auffällig zu verhalten.
Der Fuchs lebt noch im heutigen Kapitalismus Japans!
[Literatur]
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Yoshida, Teigo, Nihon-no-Tsukimono - Shakaijinruigaku-Teki-Kosatsu (Die Besessenheit Japans - eine sozialanthropologische Betrachtung), Tokio 1972.
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